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Ein Cello als Willkommensgeschenk

Cellospieler

Musikalische Flüchtlingshilfe und persönliche Gastfreundschaft

Es war wohl Fügung, als Julia Funk, Cellopädagogin aus Godesberg, ausgerechnet am Weltfrauentag Anfang März im Aloisiuskolleg eine schmale blonde Frau traf, die wenige Tage zuvor mit ihrem 14-jährigen Sohn im ehemaligen Internatsgebäude untergekommen war.

Denn auf die einfache Frage „Was brauchen Sie?“, die die in Belarus aufgewachsene Cellistin Funk auf Russisch stellte, antwortete Julia Havrilets: „Ein Cello sowie Hefte und Stifte für Volodja.“

Gesagt, getan! Der bekannte Geigenbauer Thomas Elbin zögerte nicht, als Julia Funk ihn bat, Volodja ein Cello zur Verfügung zu stellen. Seit vielen Jahren ist die Bonner Werkstatt professionelle Anlaufstelle für sie und ihre Schüler. Der Jugendliche musste sein Cello schweren Herzens in Kiew zurücklassen, da es unmöglich war, das Instrument neben seinem großen Rucksack mit auf die dreitägige Flucht zu nehmen. Er spielt seit seinem 7. Lebensjahr und erklärt: „Ich liebe die warme, tiefe Stimme des Instruments. Das Spielen ist für mich ein Privileg.“ Julia Funk unterrichtet ihn nun einmal pro Woche und hat ihm einen großen Stapel Noten zum Üben übergeben.

Aus der musikalischen Ersthilfe entwickelte sich inzwischen eine persönliche Verbundenheit, ja Freundschaft. Mutter und Sohn sind regelmäßige Gäste bei Familie Funk. Hier können sie auch ihre Sorgen teilen, wenn sie an den Ehemann bzw. Vater und die Großmutter denken, die in Kiew zurückgeblieben sind.

Volodja, der bisher eine Schule mit Schwerpunkt Informatik besuchte, hat allerdings demnächst nicht mehr so viele Zeit zum Celloüben. Nach den Osterferien wird er in die 7. Klasse am Ako gehen. Was wünschen sich er und seine Mutter am meisten? „Eine kleine Wohnung für uns wäre wunderbar!“ Auch wenn sich die Zimmernachbarn im Ako nicht über die intensive musikalische Untermalung beschweren; ganz im Gegenteil. Außerdem würde Volodja gerne wieder vor Publikum spielen. Dafür fehlt ihm nur noch ein weißes Hemd. Das sollte zu machen sein.


Bild: © privat